Die 80er sind vorbei

Queeres Blut ist wie jedes andere auch. Warum soll es also nicht auch Leben ret­ten dür­fen? Ein Gesetz ver­bi­etet das bish­er.

Täglich wer­den in Deutsch­land rund 14.000 Blut­spenden gebraucht – etwa für Blutkon­ser­ven und Medika­mente aus Blutbe­standteilen nach schw­eren Unfällen, bei größeren Oper­a­tio­nen und zur Behand­lung ver­schieden­er Erkrankun­gen. Kurz: Um Leben zu ret­ten!

Als in den 1980er Jahren die HIV/AIDS-Pan­demie aufkam und sich über­wiegend Män­ner, die Sex mit Män­nern haben, mit dem Virus infizierten, wurde die soge­nan­nte Schwu­lenseuche auch für die Trans­fu­sion­s­medi­zin rel­e­vant. Erste HIV-Infek­tio­nen durch Blut­trans­fu­sio­nen macht­en die leben­sret­ten­den Spenden unsich­er und zur Gefahr für Leib und Leben. Dass zwis­chen Ansteck­ung und Nach­weis­barkeit des Virus bis zu drei Monate verge­hen kön­nen – die diag­nos­tis­che Lücke – macht die Sache nur kom­pliziert­er und homo­sex­uelle Män­ner wur­den von der Blut­spende aus­geschlossen. Die 80er sind vor­bei, die Medi­zin hat sich weit­er­en­twick­elt und die diag­nos­tis­che Lücke reduziert. Eine HIV-Infek­tion ist bere­its 15 Tage nach Ansteck­ung nach­weis­bar, mit einem Test, der auch bei Blut­spenden oblig­a­torisch einge­set­zt wird. Eben­so gewach­sen sind die Rechte von les­bis­chen, schwulen, bisex­uellen, trans*, intergeschlechtlichen und queeren Men­schen (LSBTIQ*), auch wenn das einige noch nicht wahrhaben wollen. Da kam es nicht über­raschend, dass der Europäis­che Gericht­shof 2015 das pauschale Blut­spende­ver­bot kippte und die Bun­desärztekam­mer ihre Richtlin­ien anpassen musste.

Den­noch sind homo­sex­uelle Män­ner immer noch von der Blut­spende aus­geschlossen: Nur wer ein ganzes Jahr auf sex­uellen Kon­takt verzichtet, darf Blut spenden. Ganz gle­ich, ob der Sex in ein­er monoga­men Beziehung zwis­chen Eheleuten stat­tfind­et, mit Kon­dom oder Medika­mente zum Ver­hin­dern ein­er HIV-Infek­tion ein­genom­men wer­den und Spender regelmäßig ihre sex­uelle Gesund­heit unter­suchen lassen. Unab­hängig davon, ob jemand schwul oder het­ero, les­bisch, bi, trans*, inter oder queer ist, ist vielmehr das indi­vidu­elle Risiko auss­chlaggebend, dem sich die poten­tiellen Spender*innen aus­set­zen. Und wenn die diag­nos­tis­che Lücke so enorm verkürzt wer­den kon­nte, ist es nicht ver­hält­nis­mäßig, Men­schen ein ganzes Jahr von der Blut­spende auszuschließen. Blut­spenden bleiben auch weit­er­hin sich­er und sie wer­den drin­gend gebraucht.

Queeres Blut ist wie jedes andere auch. Warum soll es also nicht auch Leben ret­ten dür­fen? Dafür kämpfen wir und haben deshalb einen Antrag in den Säch­sis­chen Land­tag einge­bracht (Drs. 7/5356).

Ein Artikel von Sarah Bud­de­berg für die Zeitschrift “VORNE LINKS” von DIE LINKE. Dres­den in der Aus­gabe Februar/ März 2021.