In Sachsen fehlen 260 Zimmer in Schutzwohnungen – stärker gegen geschlechtsspezifische Gewalt vorgehen!
Exakt vor fünf Jahren, am 12.10.2017, hat Deutschland die Istanbul-Konvention ratifiziert. Mit diesem Übereinkommen des Europarats sollen Frauen und Mädchen vor geschlechtsspezifischer Gewalt geschützt werden. Allerdings bestehen bei der Umsetzung des völkerrechtlich verbindlichen Vertrags weiter große Lücken. Dies stellt der nun veröffentlichte Bericht der Expert*innenguppe GREVIO fest. Insbesondere der Schutz von geflüchteten Frauen und Frauen mit Behinderungen wird als unzureichend bemängelt. Die Evaluation bestätigt damit die bereits durch viele Verbände wie Frauenrat und Juristinnenbund vorgebrachte Kritik, dass in Deutschland zu wenig für die Gewaltprävention unternommen wird.
Bereits bei einer Anhörung des Sächsischen Landtages im Mai benannten die Sachverständigen viele Schutzlücken, die auf Landesebene geschlossen werden müssen. So ist Sachsen nach einer Erhebung der Hochschule Merseburg bundesweit Schlusslicht bei der Versorgung mit Trauma-Ambulanzen und Fachberatungsstellen. Auch im Bereich der Justiz wurde erheblicher Fortbildungsbedarf geschildert, damit gewaltbetroffene Frauen zu ihrem Recht kommen könnten. Dazu sagt Sarah Buddeberg, gleichstellungspolitische Sprecherin der Linksfraktion:
„Der Bericht untermauert die Forderung der Linksfraktion, dass mehr für den Schutz vor Gewalt getan werden muss. Besonderes Augenmerk muss auf dabei auf überdurchschnittlich gefährdeten Frauen mit Fluchterfahrung sowie Frauen mit Behinderungen liegen. Dabei ist nicht nur der Bund gefragt, wo die Ampel-Koalition endlich einen nationalen Aktionsplan vorlegen und entschlossen umsetzen sollte. Auch die Landesregierung muss dringend Verantwortung übernehmen und die Schutzlücken umgehend schließen. In Sachsen fehlen weiter 260 Zimmer in Schutzwohnungen. Nicht einmal die Hälfte aller Landkreise im Freistaat erfüllt die Kriterien der Istanbul-Konvention. Die Schere zwischen Stadt und Land ist besorgniserregend. So gibt es im Vogtland, dem Erzgebirgskreis und Mittelsachsen keine Krisen- und Interventionsstellen, an die sich Frauen in Not wenden können.
Nicht zuletzt muss die Bekämpfung von Gewalt mit dem Wandel der Formen der Gewalt Schritt halten. Die Staatsregierung muss die Aus- und Weiterbildung von Beratungsstellen, Polizei und Justiz im Bereich Cyber-Gewalt angehen, denn dort gibt es enorme Defizite aufzuholen.“